Georg Hillmann

Georg Hillmann, Selbstbildnis, Harzöl, 50 x 60 cm, 1972
Georg Hillmann, Selbstbildnis, Harzöl, 50 x 60 cm, 1972

"Leben dürfen und malen können"

 

Das ehemalige Wohnhaus und Atelier des Malers und Grafikers Georg Hillmann befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu unserer Ferien- wohnung in Bremerhaven-Langen. Seine Bilder und seine Ehefrau, Gerda Hillmann, habe ich dort kennengelernt. Sie lebt zurückgezogen in der Erinnerung an ihren am 23.10.2003 verstor- benen Mann und die mit ihm gemeinsam verbrachten Jahre: "Du bist mein Licht, in dem ich lebe ..." schreibt sie in einem ihrer Gedichte, die 1996 mit Illustrationen des Malers herausge- kommen sind. Über Georg Hillmann ist heute in den Medien und im Internet nur noch wenig zu erfahren. Lediglich ein Hinweis auf eine Aus- stellung in der Kunsthalle Bremerhaven des Kunstvereins vom 5.10. bis 9.11.1986 und eine weitere im Schwedenspeicher-Museum in Stade vom 8.3. bis 6.4.2003 vom Hamburger Abendblatt erwähnt, lassen sich finden. Dort ist auch von weiteren Ausstellungen die Rede, die von dem am 1.8.1916 in Bremerhaven geborenen Maler in Berlin, Oldenburg, Zeven (28.01. - 03.03.1996), Worpswede (31.08. -  1996, Frühsommer 2003 und 18.03.- 01.04.2006, posthum) und in Bremerhaven (07.09. - ? 1996 im Morgenstern-Museum) durchgeführt wurden. Hillmann hatte außerdem für ein einhalb Jahre (1986/87) eine eigene Galerie in Worpswede und stellte dort verschiedentlich aus (s. oben), ebenso in seinen leerstehenden Firmenräumen im Gewerbegebiet in Debstedt (31.08.1 - 09.10.1996 und 30.08. - 27.09.1998). Meine Recherche ergab gut 20 Ausstellungen im näheren Umkreis von Bremerhaven und darüber hinaus. Von Hillmann, der vorwiegend Landschaften, Porträts (ab 1966 u.a. von Paul Dahlke, Luise Ullrich, Ida Ehre, Lale Andersen, Manfred Hausmann, Rudolf Augstein und Rudolf Hagelstange) und Stillleben in Öl und Acryl malte, gibt es ferner ein umfangreiches Werk an Rohrfederzeichnungen, Aquarellen und Pastellen. Sein hinterlassenes Werk ist bisher nicht im Einzelnen erschlossen und in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Es ist an der Zeit, die Kunstwerke zu sichten, zu katalogisieren und ihnen einen festen Platz zu geben. Hillmann hat sich zeitlebens nicht darum gekümmert, ihm war sein künstlerisches Erbe nicht so wichtig - er malte für sich, nicht für die Nachwelt und trennte sich ungern von seinen Bildern.

Ohne Titel (Aquarell 73 x 53 cm)
Ohne Titel (Aquarell 73 x 53 cm)

 

Ausbildung und Kriegsjahre

(1916 - 1945)

 

Seine Kindheit (1919 - 1922) verbrachte der Maler in Wesermünde im Debstedter Weg (heute Bremerhaven, Speckenbüttel). Nach seiner Volksschulzeit (1922 - 1926) an der Lessingschule in Bremerhaven wechselte er 1926 nach Lehe an die Mittelschule (Körnerschule), wo er 1932 die Mittlere Reife bestand. Sein früh erkennbares künstlerisches Talent wurde von den Eltern und während seiner Mittelschulzeit insbesondere von seinem Mal- und Zeichenlehrer Wilhelm Dräger u.a. gefördert. Mit 12 Jahren verkaufte er sein erstes Bild. 1932  begann er eine Dekorateurlehre bei KARSTADT in Bremerhaven, die er 1936 erfolgreich beendete. Ein Stipendium für die Kunsthochschule Bremen wurde aus politschen Gründen zunächst abgelehnt (Hillmann gehörte keiner NS-Organisation an). Nach einem Jahr Arbeitsdienst (1936 - 1937) begann er dann doch im Wintersemester 1937/38 ein Kunststudium an der Nordischen Kunsthochschule Bremen (bei Professor Carl Horn), und zwar sofort in seiner Meisterklasse für Porträtmalerei, d.h. er übersprang 4 Semester, bis er 1939 zum Wehrdienst eingezogen wurde und das Studium unterbrechen musste. Er kam über Uetersen nach Neuruppin zum dortigen Luftwaffen-Bodenpersonal. Während eines Aufenthaltes im Lazarett lernte er 1941 Fritz Mackensen, den Mitbegründer der Worpsweder Künstler-Kolonie, kennen. Er heiratete 1942 Gerda Kesemeyer (geb. 1920) und wurde im selben Jahr aufgrund glücklicher Umstände vom aktiven Dienst freigestellt, um an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin bei Professor Martin Amorbach und Professor Kurt Wehlte sein Kunststudium bis 1943 fortzusetzen. Am Ende des Krieges wurde er an der Oderfront verwundet und schlug sich als Verletzter auf vielen Umwegen nach Bremerhaven durch. Seine Frau und ihren ersten Sohn (Bernd, geb. 1943) hatte er vor seinem letzten Fronteinsatz nach Bremerhaven zu seinen Eltern vorausgeschickt.

 

Ohne Titel (Aquarell 75 x 51 cm)
Ohne Titel (Aquarell 75 x 51 cm)

Beruf und Familie (1945 - 1984)

 

Als Hillmann 1945 nachkam schlug er die Familie zunächst mit Porträtieren amerikanischer Offiziere und deren Familien durch und eröffnete 1947/48 in Debstedt im ehemaligen Wohnhaus des Malerkollegen Paul Ernst Wilke eine Malschule als freischaffender Künstler und Werbegrafiker. 1950 bot sich ihm die Chance, als Entwurfs-Zeichner und Grafiker bei der Firma SCHMALBACH AG (ab 1967 

SCHMALBACH-LUBECA AG) für Blechver- packungen in Bremerhaven-Wulsdorf eine feste Anstellung zu bekommen. Diese Stelle hatte der Maler bis 1970 inne, und sie war die fianzielle Basis für das weitere Leben der Familie. Er gab von 1952 - 1954 nebenher Mal- und Zeichenunterricht an der VHS Bremerhaven und zog 1964 mit Frau Gerda und dem 1947 geborenen zweiten Sohn Rainer in sein eigenes Haus in Langen (Malerwinkel 5) ein, dem er 1984 in einem Anbau ein Atelier hinzufügte. Aus der Zeit nach 1966 stammen die erwähnten Porträts von Prominenten aus verschiedenen Kulturbereichen der noch jungen Bundesrepublik. 1970 verließ er die SCHMALBACH-LUBECA AG und gründete 1971 ein eigenes Unternehmen für Verpackungsgrafik in Debstedt, dass er bis 1988 führte. Dann verkaufte er seine Firma an den jüngeren Sohn, Rainer Hillmann, und schied aus dem Berufsleben aus.

 

Ohne Titel (Aquarell 75 x 55 cm)
Ohne Titel (Aquarell 75 x 55 cm)

Freier Künstler (1988 - 2003)

 

Es hat nahezu 50 Jahre gedauert, bis Hillmann sich seinen innigsten Wunsch erfüllen konnte, nur noch für seine Kunst zu leben. 1945 hatte er sich von den aufgezwungenen nationalsozialis- tischen Kunstvorstellungen befreit und alle bis dahin entstandenen Werke vernichtet und bis 1988 alle materiellen Vorausetzungen dafür geschaffen, fortan nur noch als freier Künstler zu leben.

Georg Hillmann ist 87 Jahre geworden und hat bis zuletzt trotz schwerer Krankheit gemalt und noch in seinem Todesjahr 2003 ausgestellt (s. oben). Er war aber offenbar nicht besonders erfolgreich im Verkauf seiner Bilder und konnte zu keinem Zeitpunkt von seiner Kunst leben.

Hillmann lebte seit 1982 nach einer schweren Operation im ständigen Kampf um sein Leben. Dass er noch 21 Jahre weiterleben und malen konnte, ist seiner Ehefrau Gerda zu verdanken, die ihn mit Disziplin, Durchsetzungsvermögen und viel Liebe bis zum Schluss versorgte und betreute. 

Er wurde auf dem Friedhof von Neuenwalde in einem Urnengrab beigesetzt.

 

Ohne Titel (Aquarell 74 x 54 cm)
Ohne Titel (Aquarell 74 x 54 cm)

Zu Künstler und Werk

 

Georg Hillmann wird als ein bescheidener, eher stiller und wortscheuer, dabei aber lebensfroher und leidenschaftlicher Mensch geschildert, der zurückgezogen mit seiner Frau Gerda lebte, die Gedichte schreibt und ganz für ihn und seine Kunst da war. Hillmann war sehr produktiv und malte fast täglich ("Wenn ich nur immer malen kann, geht es mir gut"). Eine innere Unruhe trieb ihn, seine Naturerlebnisse, die er in zahlreichen Skizzen festgehalten hatte, im Atelier abschließend in eine geeignete Form zu bringen, um sie künstlerisch zu vollenden. Gleichzeitig galt er als starker Charakter, der kämpferisch und beharrlich seinen Weg ging ("Ich male, wie ich bin") und sich auch mal mit Kritikern und Presse anlegte.

Man kann ihn keiner bestimmten Kunstrichtung zurechnen, "... es ging ihm immer um die Wahrheit des Geschauten, nicht um den Kunstmarkt". Die erlebte Natur in den Landschaften, der Mensch im Porträt und die Blumen als Farbkompositionen in den Stillleben waren dabei seine durchgängigen Themen: "Was ich darstelle geht zwar von der Wirklichkeit aus. Was ich aber daraus mache, ist das, was ich darin sehe" und das sind für ihn die wahren Gesichter der Wirklichkeit. Sie wirken kraftvoll (vital), zauberhaft farbig und bewegt. Hillmann ist kein Naturlyriker, er ist Dramatiker, der die emotional erlebte Natur dem Betrachter "wuchtig und expressiv" (Stelljes, 2002) in ausdrucksstarken Bildern selbstbewusst und eigenständig präsentiert. "Er malt, in welcher Weise er existiert" (Ahorn, 2001). Wir müssen mit seiner Sichtweise der Welt "allein fertig werden" , sagt Hillmann, und hält sich bei der Interpretation seiner Bilder zurück (zit. nach Stelljes, 2002).

 

Ohne Titel (Acryl auf Leinwand 90 x 120 cm), Im Rathaus von Langen, seit April 2009.
Ohne Titel (Acryl auf Leinwand 90 x 120 cm), Im Rathaus von Langen, seit April 2009.

Epilog

 

Im Frühjahr 2009 wurde in der Nähe seines Wohnhauses in Langen ein Neubaugebiet erschlossen, in dem eine Straße auf Anregung eines Nachbarn, Heinz Wilhelm Schnut, der Hillmann noch gut kannte, seinen Namen trägt: Georg-Hillmann-Ring. Aus Dankbarkeit stiftete Gerda Hillmann der Stadt Langen das nebenstehende Acrylbild ihres Mannes, das seit April 2009 im Rathaus der Stadt im Bürgerbüro hängt und die typischen "Hillmann-Bäume" vor einigen Häusern im Hintergrund zeigt.

Hillmann hat kein Werkverzeichnis angelegt, sodass viele seiner Bilder nicht signiert sind und keine Titel und Jahreszahlen tragen. Ähnlich ist es bei den Gemälden und Rohrfederzeich- nungen. Das erschwert insbesondere auch die Datierung der hier gezeigten Aquarelle, die in den Größen um 75 x 55 cm auf weißen Karton gemalt wurden und vermutlich in den achtziger Jahren entstanden sind.

 

Blick in das Atelier des Malers in seinem Wohnhaus in Langen (Foto: Manfred Burba, 2009)
Blick in das Atelier des Malers in seinem Wohnhaus in Langen (Foto: Manfred Burba, 2009)

 

Dass Georg Hillmann, wie es in seiner Grabinschrift heisst "... in seinen Werken weiterleben ... " [möge], ist ihm zu wünschen. Mein Internetartikel soll helfen, das Andenken an ihn und seine Kunst zu bewahren.

 

Bei meinen Recherchen zum Leben von Georg Hillmann haben mich unterstützt:

Gerda Hillmann (Langen), Rainer Hillmann (Neuenwalde), 

Dr. Helmut Stelljes (Worpswede), Heinz Wilhelm Schnut (Ortsheimatpfleger und Nachbar in Langen), Tilly Börges (ehem. Schülerin aus Debstedt), Artur Burmeister (Museumsleiter in Debstedt) sowie Ilse und Werner Martens (Nachbarn in Langen) und Nora Schwabe vom Kunstverein Bremerhaven e.V. (Kunsthalle).

 

Literatur: Grapenthin, E.: Künstler und Künstlerinnen in Bremerhaven und Umgebung 1827 - 1990. Hrsg.: Freundeskreis Paul Ernst Wilke e.V. Verlag H.M. Hauschild GmbH, Bremen 1991, S. 495; Stelljes, H.: Ein expressiver Realist. Zum Leben und Werk des Malers und Zeichners Georg Hillmann. In: Heimat und Kultur zwischen Elbe und Weser. 21 (2002), S. 2, 6-7. Hillmann, G.: War es nicht gestern erst ..., Lyrik. H.M. Hauschild GmbH, Bremen 1996. Die Informationen aus diversen Artikeln insbesondere von Hannelore Ahorn über Georg Hillmann in der NORDSEE-ZEITUNG GmbH, Bremerhaven (seit Juli 1996), wurden im Text verwertet.