Ghetto Riga
Am 21. Juli 1941 wurde dann auf Initiative des Wirtschaftskommandos Riga das Ghetto Riga in der sogenannten „Moskauer Vorstadt“ (Teil der Altstadt von Riga) eingerichtet, um die jüdischen Arbeitskräfte zu konzentrieren. Die etwa 30 000 lettischen Juden (Stand Oktober 1941) wurden daraufhin registriert und erhielten einen Ältestenrat (Ghettorat) sowie eine dazugehörige „Selbstverwaltung“. Außerdem wurde das Ghetto mit einem doppelten Stacheldrahtzaun umgeben. Der erste Kommandant des Ghettos war SS-Sturmbannführer Kurt Krause, danach, ab Januar 1943, SS-Sturmbannführer Eduard Roschmann. Krauses Fahrer und Gehilfe war SS-Scharführer Max Gymnich, der eigentlich Schneider hieß.
Für die geplante Aufnahme der ca. 27 000 Juden aus dem „Großdeutschen Reich“ (ab Ende November 1941) reichte der aktuelle Wohnraum in den dafür vorgesehenen Ghettos in Riga, Kaunas (Kowno) und Minsk nicht aus. Es musste vor Ort Platz für die Neuankömmlinge geschaffen werden. Aus dem ursprünglich „Großen Ghetto“ in Riga wurde das „Kleine Ghetto“ für die nach den Mordaktionen verbliebenen lettischen Juden. Der restliche, größte Freiraum verblieb für die deutschen Juden aus den zu erwartenden Transporten.
Ich übergehe hier die Einzelheiten der gewaltsamen Räumungs- und Erschießungsaktionen am 30. November ("Rigaer Blutsonntag") und 8. Dezember 1941, die allein im Ghetto Riga 26 500 lettischen Juden den Tod brachten und wende mich der Zeit nach dem ersten Transport aus Köln zu, der am 10. Dezember 1941 im Restghetto in Riga und hier untergebracht wurde bzw. auf dem Güterbahnhof Skirotava eintraf bis zur Auflösung des Ghettos am 3. November 1943.
Für jeden Transport wurden ein Gruppenältester mit Stellvertreter, ein Polizeiobmann mit 8 bis 10 Ordnungskräften und ein Gruppen-Arbeitseinsatz-Referent ernannt, die allesamt dem Ältestenrat unterstanden. Die lettischen Namen der Ghettostraßen wurden nach den ursprünglichen Deportationsorten der Juden aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei (Bielefelder-, Düsseldorfer-, Prager-, Kölner-, Leipziger-, Berliner-, Wiener-, Neusser-Straße usw.) umbenannt (s. Ghettoplan). Die Leipziger Straße trennte das lettische vom deutschen Ghetto. Im deutschen Ghetto gab es die Kommandantur, ein Gefängnis, das Gebäude des Judenrates, ein Krankenhaus bzw. Waisenhaus, eine Schule, einen Exekutionsplatz („Blechplatz“) und einen jüdischen Friedhof.
Seit Anfang Januar 1942 gab es einen Widerstand im Ghetto. Dazu gehörten 25 kleine Gruppen mit 200 bis 300 Mitgliedern. "28 der 40 Polizisten gehörten zu 4 besonderen Gruppen. Als am 28.10.1942 10 Untergrundkämpfer das Ghetto verlassen wollten, um sich den Partisanen anzuschließen, werden sie entdeckt. Es kommt zu einer Srafaktion gegen das lettische Ghetto, in deren Verlauf auch ein Waffenlager von der SS gefunden wird. Möglicherweise wurde es von der jüdischen! Freundin des Ghetto-Kommandanten Krause verraten. Damit war der Widerstand im Ghetto endgültig gescheitert.
Wird fortgesetzt!
Literatur
Stöckle, Thomas: Ghettos. Vorstufen der Vernichtung. 1939 - 1944. Menschen in Grenzsituationen. Texte und Unterrichtsvorschläge. Bausteine, 2000.
Benz, Wolfgang: Holocaust. München 2008.
Determann, Andreas. In: Wir haben es doch erlebt. Das Ghetto von Riga. Begleitheft zur Film-DVD zum gleichnamigen Film von Jürger Hobrecht.
Hrsg.: Landschaftsverband Westfalen-Lippe, 2013.
Scheffler, Wolfgang: Zur Geschichte der Deportationen jüdischer Bürger nach Riga 1941/1942. Vortrag gehalten anlässlich der Veranstaltung des Volksbundes Deutscher Krieggräberfürsorge e.V. Berlin 2000.
Reichelt, Katrin: Lettland unter deutscher Besatzung 1941 - 1944. Vortrag gehalten bei der Stiftung Topographie des Terrors. Berlin 2011.
Buch der Erinnerung. Die ins Baltikum deportierten deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden. Hrsg.: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge u.a. Bearbeitet von Wolfgang Scheffler und Diana Schulle. Berlin 2003.
Berlit-Jackstien, Julia; Kreter, Karljosef (Hrsg.): Abgeschoben in den Tod. Die Deportation von 1001 jüdischen Hannoveranerinnen und Hanoveranern am 15. Dezember 1941 nach Riga (Ausstellungskatalog). Schriften zur Erinnerungskultur in Hannover. Bd. 1. Hannover 2011.
Angrick, Andrej; Klein, Peter: Die „Endlösung“ in Riga. Ausbeutung und Vernichtung 1941-1944. Darmstadt, 2006.