Flossenbürg

Büste Bonhoeffers in der Kapelle der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg von 1995
Büste Bonhoeffers in der Kapelle der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg von 1995

Von guten Mächten wunderbar geborgen

erwarten wir getrost, was kommen mag.

Gott ist bei uns am Abend und am Morgen

und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

 

(Dietrich Bonhoeffer, Dezember 1944)

 

 

Im KZ Flossenbürg in der Oberpfalz wurde der protestantische Theologe und Pfarrer Dietrich Bonhoeffer am 8. April 1945 nach über 2jähriger Haft in verschiedenen Gefängnissen und KZs auf Befehl Hitlers als aktives Mitglied des Widerstan- des ("20. Juli") von einem SS-Sondergericht wegen Hoch- und Landesverrats in einem Scheinverfahren zum Tode verurteilt und tags darauf ermordet. Dadurch und wegen der gleichzeitigen Verurteilung einiger weiterer prominenter "Sonderhäftlinge" (darunter Admiral Wilhelm Canaris und Generalmajor Hans Oster) erlangte das 1938 in der Nähe eines Granitsteinbruchs errichtete Konzentrations- lager Flossenbürg eine traurige Bekanntheit. Bonhoeffer ging als gläubiger Christ im festen Vertrauen auf die Auferstehung mit 39 Jahren für seine Überzeugung in den Tod. Reste des Arrestbaus, in dessen Hof Bonhoeffer und die anderen Widerstandskämpfer sowie viele KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter und sonstige Gegner des NS-Regimes vor ihnen (mehr als 1500) ermordet wurden, sind bis heute erhalten (Abbildung unten). Eine bronzene Büste Bonhoeffers (Abbildung oben) in der Kapelle der KZ-Gedenkstätte erinnert an den aufrichtigen und couragierten Mann, für den Denken, Reden und Tun eine Einheit bildeten und der nach seinem Verständnis von der "Nachfolge Christi", d.h. "in der Teilnahme am Sein Jesu" lebte. Diese "Theologie einer ganzen Hingabe an Jesus" (Christusbezogenheit) war die Grundlage seines persönlichen Glaubens, aus dem "Wiederspruch und Widerstand gegen die Macht und den Wahnsinn des III. Reiches" kamen (zit. nach Bethge, 2007).

 

Grundmauern und Teile des Arrestbaus mit Exekutionswand und Gedenktafel von 1975. Durch die beiden Torpfeiler rechts im Vordergrund und die Treppenstufen links davon kam man über den Hof in das Arrestgebäude mit den Zellen für die Inhaftierten.
Grundmauern und Teile des Arrestbaus mit Exekutionswand und Gedenktafel von 1975. Durch die beiden Torpfeiler rechts im Vordergrund und die Treppenstufen links davon kam man über den Hof in das Arrestgebäude mit den Zellen für die Inhaftierten.

 

Dietrich Bonhoeffer war einen Tag und eine Nacht in Flossenbürg. Kurz nach seiner Ermordung wurde das Lager von der US-Armee am 23. April 1945 befreit. Es waren in Flossenbürg und seinen nachweislich 83 Außenlagern von 1938 bis 1945 rund 100 000 Häftlinge (meist „Schutzhäftlinge der Gestapo, darunter 16 000 Frauen) registriert worden, die aus 47 Ländern kamen, und von denen 30 000 ihre oft unmenschlichen Arbeitsbedingungen und Misshandlungen nicht überlebten (Benz und Distel, 2007). Vom KZ Flossenbürg original erhalten sind neben Teilen des Arrestbaus mit 40 Einzelzellen (4,0 x 1,5 m) im Wesentlichen das Kommandanturgebäude, die ehemalige Häftlingsküche und die Wäscherei mit Häftlingsbad am Appellplatz, das Krematorium in der Gedenkstätte „Tal des Todes“ von 1946 (Abbildung unten links, in dem vermutlich auch die sterblichen Überreste Dietrich Bonhoeffers verbrannt wurden) sowie 3 Wachtürme. Diese wenigen massiv errichteten Gebäude zeugen noch heute vom Unterdrückungs- und Vernichtungs- willen des NS-Regimes.

Arbeit macht frei“ war das zynische Motto, dass die SS hier wie anderswo zur Verhöhnung der Häftlinge unübersehbar für sie am Lagertor angebracht hatte.

 

Teilansicht vom Tal des Todes. Man erkennt unterhalb des Wachturms eine Rampe, auf der die Leichen ab 1944 von oben durch einen Tunnel zu einer Maueröffnung und von dort mit einer Lore zu dem darunter liegenden Krematorium transportiert wurden.
Teilansicht vom Tal des Todes. Man erkennt unterhalb des Wachturms eine Rampe, auf der die Leichen ab 1944 von oben durch einen Tunnel zu einer Maueröffnung und von dort mit einer Lore zu dem darunter liegenden Krematorium transportiert wurden.

Die strafrechtliche Verfolgung der an den Flossenbürger Häftlingen von der SS und einigen Funktionshäftlingen begangenen Verbrechen (Flossenbürg-Hauptprozess) fand 1946/47 vor einem amerikanischen Militärgericht in Dachau statt. Die Mörder Dietrich Bonhoeffers wurden bald nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland freigesprochen (BGH-Urteil von 1956) während ihr Opfer als Hochverräter noch jahrzehntelang als rechtsgültig "vorbestraft" galt und erst 1996 durch ein Urteil des Berliner Landgerichts rehabilitiert wurde. Der Deutsche Bundestag hat dann 1998 per Gesetz alle Unrechtsurteile der NS-Zeit aufgehoben. Die Bilanz der Strafverfolgung von NS-Verbrechen in der BRD insgesamt ist enttäuschend. Nur 6,1 % der 106 494 ermittelten bzw. vorermittelten Täter (meist durch die Zentrale Stelle in Ludwigsburg seit 1958, vgl. Merkblatt vom 22.02.2008) wurden von den zuständigen Gerichten verurteilt.

 

   Sie starben um der Freiheit willen, von ihrem eigenen Volk geächtet und gebannt. Du, der Du lebst, vergiss die Opfer nicht! Steh ein für Freiheit und für Menschen- würde [damit sich dergleichen nicht wiederholt]!

 

(Inschrift auf dem Gedenkstein für die 5964 Opfer aus Deutschland in der Gedenk- stätte "Tal des Todes" von Flossenbürg, vom Verfasser erweitert)

 

In der ehemaligen Wäscherei des KZ informiert heute eine Dauerausstellung über Dietrich Bonhoeffer und die Geschichte des KZ Flossenbürg.

 

 

Literatur:

Christoph U. Schminck-Gustavus: Der „Prozess“ gegen Dietrich Bonhoeffer und die Freilassung seiner Mörder, Verlag Dietz, Bonn 1995. Eberhard Bethge: Dietrich Bonhoeffer. Monographie rm 50684. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2006. Josef Ackermann: Dietrich Bonhoeffer. Freiheit hat offene Augen. Eine Biografie. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 2006. Dietrich Bonhoeffer Auswahl (Hrsg.: C Gremmels und W. Huber). Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2006 (6 Bände). Flossenbürg. Das Konzentrationslager Flossenbürg und seine Außenlager (Hrsg.: Wolfgang Benz und Babara Distel). Verlag C.H. Beck, München, 2007. Schlingensieper, F.: Dietrich Bonhoeffer 1906 - 1945. Eine Biographie. dtv 34609, München 2011.Weitere Literatur zu Dietrich Bonhoeffer. Ich danke Dr. Jörg Skriebeleit (Leiter der Gedenkstätte) und Dr. Alexander Schmidt (wissenschftlicher Mitarbeiter, Pädagogik) sowie Herrn Pflaum von der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg für ihre Unterstützung. Außerdem danke ich Herrn Dr. Ferdinand Schlingensiepen, evangelischer Theologe, Mitbegründer der Dietrich-Bonhoeffer-Gesellschaft und Verfasser der zuvor erwähnten Biographie für die Durchsicht und Korrektur des Textes anlässlich eines Vortrags im CVJM Haus "Solling" in Dassel im April 2013. Fotos: Manfred Burba, September 2009.

 


Ravensbrück

Namensbuch und Häftlingsfotos im ehem. Wachhaus des Frauen-KZ Ravensbrück
Namensbuch und Häftlingsfotos im ehem. Wachhaus des Frauen-KZ Ravensbrück

Die Gedenkstätte Ravensbrück an der Stelle des ehemaligen NS-Konzentrations- lagers liegt 90 km nördlich von Berlin am Schwedt-See in der Nähe der Stadt Fürstenberg. Ravensbrück war das einzige KZ, in dem von 1939 bis 1945 vorwiegend Frauen inhaftiert waren. Viele starben an den entsetzlichen Arbeits- und Lebensbe- dingungen im Lager, wurden ermordet oder fielen den medizinischen Experimenten zum Opfer, die Ärzte des nahegelegenen SS-Sanatoriums Hohenlychen u.a. im Hauptlager an Frauen durchführten.

 

 

Mauthausen

Wachtürme des von hohen Mauern umgebenen Lagers auf einer Anhöhe bei Linz (Österreich).
Wachtürme des von hohen Mauern umgebenen Lagers auf einer Anhöhe bei Linz (Österreich).

Buchenwald

Das Krematorium des KZ Buchenwald am nordöstlichen Rand des Lagers.
Das Krematorium des KZ Buchenwald am nordöstlichen Rand des Lagers.

Bergen-Belsen

Auf dem Weg ins Lager zu den Massengräbern und Gedenksteinen.
Auf dem Weg ins Lager zu den Massengräbern und Gedenksteinen.

Neuengamme

 

 

 

Mittelbau-Dora

Heutiger Besuchereingang zum Fahrstollen A der ehemaligen Mittelwerk GmbH auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora (im Hohnstein) in der Nähe von Nordhausen (Foto: Manfred Burba, Juli 2013)
Heutiger Besuchereingang zum Fahrstollen A der ehemaligen Mittelwerk GmbH auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora (im Hohnstein) in der Nähe von Nordhausen (Foto: Manfred Burba, Juli 2013)

 

Auf dem Gelände des ehemaligen KZ Mittelbau-Dora, der unterirdischen Produkt-ionsstätte von Geheimwaffen der Nazis (Raketen vom Typ V1 und V2), gibt es eine moderne Gedenkstätte, die zur Stiftung Gedenkstätten Buchenwald gehört und im Jahre 2005 neu konzipiert wurde (mit Dauerausstellungen im Hauptgebäude).

Das KZ "Mittelbau" wurde als selbständige Einrichtung von fast 40 Außenlagern des KZ Buchenwald Ende August 1943 gegründet. Die 3 größten Lager waren Dora (Kohnstein), Ellrich (Juliusmühle) mit einer durchschnittlichen Belegung von 8000 Häftlingen und die Boelcke-Kaserne in Nordhausen.

Das vom Lagerbahnhof aus befahrbare Tunnelsystem unter dem Hohnstein umfasste 1945 20 km Stollen mit einer Fläche von 250.000 qm.

Zu dieser "Arbeitsstelle" im Kohnstein wurden insgesamt 60.000 Häftlinge aus 21 Ländern verschleppt und mussten unter unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen Zwangsarbeit leisten. Etwa 20.000 Häftlinge haben diese Torturen über die 18 monatige Lagerzeit (ab Ende August 1943) nicht überlebt. Das Lager wurde am 11. April 1945 von den Amerikanern befreit.

 

 

 

Die Reihe wird fortgesetzt!

 

Zurück zum Seitenanfang