Herzhände
Gedichte aus: Herzhände, 2009, S. 13 - 18
Der Kleinstadtpoet
Manch einer ist nicht zu belehren
und ganz und gar darauf erpicht,
sein Innerstes herauszukehren
in einem lyrischen Gedicht.
Er möchte jedermann erzählen,
worunter er im Leben litt
und was ihn für Gedanken quälen
und welche Meinung er vertritt.
Doch fehlen ihm sowohl Erfahrung
als auch Talent auf dem Gebiet,
was er bei seiner Offenbarung
nur allzu gerne übersieht.
So wählt er stets dieselben Worte,
lässt Reim und Rhythmus außer Acht
und Verse von der schlimmsten Sorte
sind schließlich zu Papier gebracht.
Die Tageszeitung druckt bisweilen,
was er in Strophenform verbricht,
und mancher Leser liest die Zeilen
und denkt: Welch herrliches Gedicht!
Verkehrte Welt
Es war schon vor etlichen Jahren,
da ist in der Heiligen Nacht,
der Herrgott zur Hölle gefahren
und hat sich dort umgebracht.
Der Himmel war fristlos entlassen,
die Engel in großer Not,
sie konnten es einfach nicht fassen
und wünschten sich auch den Tod.
Den Grund für das plötzliche Ende,
fand keiner so schnell heraus;
man gab sich noch einmal die Hände,
dann gingen die Lichter aus.
Der Teufel ließ allen verkünden,
er wäre jetzt Herr und Gott
und predigte Laster und Sünden
begleitet von Hohn und Spott.
Die Menschen in dieser Stunde,
verstanden die Welt nicht mehr,
verdrehten ihr Credo im Munde
und liefen ihm hinterher.
Der Typ von nebenan
Wen ich partout nicht leiden kann,
das ist der Typ von nebenan,
denn sein Bestreben geht dahin,
nicht so zu sein, wie ich es bin.
Er raucht und trinkt nicht, isst nicht viel,
hält nichts von BILD und Lottospiel
und fliegt schon gar nicht nach Taiwan,
Sri Lanka oder Pakistan.
Im Garten lässt er Unkraut stehn,
die Kinder auf den Rasen gehn,
und vor dem Haus parkt ein Objekt,
verbeult, verrostet und verdreckt.
Er lebt nach Kneipp und Hahnemann,
hat immer Jeans und T-Shirts an
und joggt noch abends durch den Ort,
trotz Spielfilm, Tagesschau und Sport.
Was mich jedoch am meisten stört -
dass dieser Mensch nicht auf mich hört
und sich auch weiter so benimmt,
als ob bei mir nicht alles stimmt.
Der Große Knall
Am Anfang war der Große Knall,
„Big Bang“, auf astronomisch,
den hört man heute noch im All,
zum Glück nur elektronisch.
Am Ende steht ein Schwarzes Loch,
worin dir Welt verschwindet,
es sei denn, dass man vorher noch
ein Hintertürchen findet.
Der Sinn und Zweck der Explosion
und wer sie inszenierte
sind unbekannt, obgleich man schon
sehr gründlich recherchierte.